Geschichte des Gemeindehaus Seukendorfs

Schule aus„Seukendorf - Eine fränkische Gemeinde zwischen Stadt und Land“ von Helmut Mahr

Die Schule

Das erste Seukendorfer Schulhaus wurde 1596 gleich neben dem Pfarrhaus erbaut. Man darf daher mit Sicherheit annehmen, daß es ab diesem Jahr regelmäßigen Schulunterricht in der Pfarrei gab, auch wenn der Mesner, bis 1583 Kirchner geheißen, schon vorher Schule gehalten haben mag und die Bezeichnung Schulmeister für den Lehrer erst 1599 erscheint. In den Kirchenrechnungen der Jahre 1594-1596 finden sich unter dem Titel „Erbauung eines Schulhauses" mehrere Seiten mit der Aufstellung der Kosten für dieses Gebäude, das in Eigenleistung unter Mithilfe der gemeindefähigen Männer errichtet wurde, denn neben ihnen tauchen nur noch Zimmerleute, Maurer und Schlierer auf. Letztere waren Handwerker, die bei Fachwerkbauten den Lehmbewurf der Innenwände und der zwischen den Balken liegenden Außenfelder durchführten.

So erhielten die „Gemeiner" und die drei Heiligenpfleger zwei Gulden für Bier und Brot, ,,als sie das Bauholz in den Wäldern und die Latten abgehauen und aufladen halfen," kurz darauf zwei Gulden für die Grundsteinlegung, und „die ganze Gemain" aß und trank für sieben Gulden, ,,wie sie das neue Haus heben und aufrichten halfen." Bei diesem Schulhaus handelte es sich im Obergeschoß um einen Riegelfachwerkbau, der auf einem  Sandsteinunterbau saß. Es hatte zwei Treppen, zwei Schlöte und vier Herde, zwei Küchen, drei unbeheizte  Kammern und zwei durch Kachelöfen beheizte Stuben. Die Gesamtkosten für diesen Bau beliefen sich auf 226  Gulden.

Anfangs aber wurde es für Schulzwecke nicht voll genützt, denn 1599 verbuchten die Kirchenpfleger eine Einnahme von vier Gulden aus der Vermietung der unteren Stube im neuen Schulhaus. Mansfelder Kriegsleute, Bayern und polnische Kosaken zerschlugen 1621 Öfen und Fenster im Schulhaus, ab 1632 verfiel es, weil es in einer fast ausgestorbenen Pfarrei keine Kinder mehr gab, die man hätte unterrichten können. Erst 1677 war die Pfarrgemeinde wieder in der Lage, das Schulhaus für 95 Gulden instandzusetzen, denn die Schlierer erhielten 13 Fuder Lehm zum Verputzen der Innenwände, vor allem aber wurde ein neuer Dachstuhl aufgesetzt, den der Roßtaler Zimmermann fertigte, der mit seinen Leuten 33 Kreuzer Trinkgeld bekam, ,,als das Schulhaus gehoben worden," also beim Richtfest.

Bis 1735 erfüllte dieses Gebäude unter ständigen Reparaturen seinen Zweck recht und schlecht, bis dann doch ein Neubau nötig wurde. Am 10. Februar 1735 war ein „Hochfürstlich geheimer Ratsbeschluß" über die Finanzierung des Schulhausneubaus ergangen, der vorsah, daß 200 Gulden beim Spital in Langenzenn aufgenommen werden sollten, 40 Gulden kamen aus einer Kapitalrückzahlung eines Reichelsdorfer Schuldners an die Seukendorf er Gotteshauskasse. Das knapp bemessene Baukapital von 240 Gulden zwang zum Sparen. So verwendete man Backsteine, Balken und Lehmbewurf des abgebrochenen Gebäudes wieder für den Neubau, und nur die Schlierer erhielten 45 Pfund Stroh, das kurzgeschnitten dem Lehm beigemengt wurde, wie es für den Bewurf der Ruten wände üblich war. Am 8. Mai 1737 standen noch Forderungen der Handwerker in der Höhe von 81 Gulden aus, von denen im gleichen Jahr 41 Schulsprengel Seukendorf nach Fürth fahren mußten, Gulden bezahlt werden konnten. Der Innenausbau mit wo es bei der traditionell liberalen Luft in dieser Stadt nur Bretterfußböden und Türen erfolgte 1738. Simultanschulen gab, in denen Evangelische, Katholiken In diesem Gebäude fand der  Schulunterricht bis zum Anfang dieses Jahrhunderts statt, ausgenommen in den Jahren zwischen 1810 und 1818, in denen das leerstehende Pfarrhaus als Schule diente.

Der Zustand des Schulhauses war aber bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts schlecht, denn die Fachwerkwände waren mit 6 Zoll (ca. 16 cm) zu dünn, so daß im Winter im Inneren Kälte und Wärme zusammenschlugen und das Wasser von den Wänden lief, wie der Localschulinspektor 1809 monierte. So hatte man bis Ende Januar 1809 bereits für 24 Gulden Holz zur Heizung verbraucht, ,,und konnte doch vor Frost nicht bleiben." Später konnten die Schulräume die Zahl der Schüler kaum mehr fassen, denn durch die Bayerische Schulsprengelverordnung vom 29. August 1873 hatte sich das Einzugsgebiet für die Seukendorf er Schule dahingehend geändert, daß nun nicht mehr das Gebiet der Pfarrei, sondern der politischen Gemeinde Grundlage für den Schulsprengel war. Zugleich hatte man der Kirche das Aufsichtsrecht entzogen, so daß nun nicht mehr sie, sondern der Staat Aufsichtsorgan auch für die Seukendorf er Schule war, die aber als Gebäude aufgrund der besonderen Rechtsverhältnisse in Seukendorf im Eigentum der Kirchenstiftung verblieb, da ja 1861 die staatliche Baulast auf diese damals der Kirchengemeinde unterstehende Schule ausgedehnt worden war. Sie wurde 1873 in eine evangelische  Bekenntnisschule umgewandelt, so daß die Kinder der wenigen Katholiken im 72 und Israeliten gemeinsam unterrichtet wurden. Anfang dieses Jahrhunderts jedoch platzte diese Schule aus allen Nähten, so daß die Gemeinde mit der Regierung von Mittelfranken Verhandlungen über den Bau eines neuen Schulhauses aufnahm. Diese war bereit, ihren vertraglichen Verpflichtungen als Baulastträger nachzukommen, verlangte aber, daß die Kirchenstiftung ihren Anteil in Hand- und Spanndiensten einbrächte, die politische Gemeinde die  Grunderwerbskosten übernähme und den Grund und Boden der landwirtschaftlichen Nebengebäude des Pfarrhofes dem Staat übereigne, der diese abbrechen wollte, um damit künftige Ausgaben für die Baulast einzusparen. Das bisherige alte Schulhaus sollte zum Nebengebäude des Pfarrhofes werden, doch auch hier war eine Abtragung des Oberstockes aus Gründen der Baulast vorgesehen, wenngleich der Pfarrer dieses Gebäude gern als Gemeindehaus genützt hätte.

Schon am 9. Februar 1909 hatte der Seukendorf er Bürgermeister einen Beschluß des Gemeinderates herbeigeführt, als Bauplatz für die neue Schule ein Grundstück zu kaufen, das zufällig dem Bürgermeister gehörte und dazu noch um 30 Goldmark pro Dezimal teurer war als eines, das eine Sachverständigenkommission vorher dafür ins Auge gefaßt hatte. Die Regierung wollte dieser von ihr angezweifelten, von den Gemeinderäten aber hoch und heilig beteuerten Gewissensentscheidung zugunsten des bürgermeisterlichen Geldbeutels, die nur nach Prüfung der Sachlage getroffen worden sei, zu-nächst nicht zustimmen, gab aber dann doch nach, da es ja schließlich nicht ihr Geld war, sondern das der Gemeinde, das für den Bauplatz aufgewendet wurde. So zahlte die Gemeinde ihrem Bürgermeister 3.710 Goldmark, zu dieser Zeit eine horrende Summe, von der aber noch 500 Goldmark abgingen, da der Verkäufer das auf dem Grundstück stehende T aglöhnerhaus der Kohlersmühle abbrechen lassen mußte. Die Kirchenstiftung trat nun als Bauherrin auf und leistete bei 42.500 Mark  Gesamtkosten einen Anteil von 5.000 Mark in Hand- und Spanndiensten, was 12 Prozent der Bausumme  entsprach.

Das neue Schulhaus wurde 1913 bezugsfähig. In zwei Stockwerken war Platz für die Lehrerwohnung und zwei Schulsäle. Für die zwar 1913 schon bewilligte, aufgrund der Kriegsverhältnisse aber erst 1920 in Seukendorf eingerichtete Stelle für einen 2.Lehrer wurde 1925 die Mansarde als Wohnung ausgebaut. Die Ökonomiegebäude des Pfarrhofes, Scheune, Backofen und Rübenkeller, wie sie Schlesing gezeichnet hatte, wurden 1913 abgerissen, zugleich trug die Staatsbauverwaltung auch das Obergeschoß des alten Schulhauses ab. In der neuen Schule wurden ab 1920 zwei Klassen von zwei Lehrern unterrichtet, die 1. Klasse umfaßte die Jahrgänge 1 mit 3, die 2. die von 4 mit 7. Daneben besuchten die konfirmierten Schüler dieser evangelischen Bekenntnisschule noch drei Jahre lang die Fortbildungsschule, wobei der 1. Lehrer die Mädchen, der 2. die Knaben unterrichtete. Mit Beginn des Schuljahres 1939 wurde die Seukendorf er Bekenntnischule nach einer massiv von der NSPartei beeinflußten Abstimmung der Eltern in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt. Zugleich führte man in der Volksschule das 8. Schuljahr ein und verringerte den Fortbildungsunterricht auf zwei Jahre. Dieser wurde nun nicht mehr in Seukendorf, sondern für die Jungen in Fürth, für die Mädchen in Cadolzburg erteilt. Bei der komplizierten Rechtslage dieser Schule konnte es nicht ausbleiben, daß es zu Reibereien zwischen der politischen Gemeinde und der Kirchenstiftung kam. Die Gemeinde hatte 1922 die gesetzliche Baulast an dieser Schule übernommen und zugleich das Gebäude für die Schulgemeinde von der Kirchenstiftung gemietet, konnte aber im Laufe der Zeit Ausgaben für Reparaturen nicht aus der Miete für die beiden Lehrerwohnungen decken. So kam es 1947 zu einem Vergleich, in dem die Evangelische Landeskirche für 20 Jahre auf die ihr zustehenden Zahlungen der Miete durch die politische Gemeinde verzichtete. Kurz bevor der Vertrag auslief, hatte die Gemeinde Seukendorf 1967 ein Grundstück erworben, auf dem eine neue Schule gebaut werden sollte. Die Vorplanungen waren bereits abgeschlossen, als sich das Problem jedoch von selbst löste, denn im Zuge der Maßnahmen zur Zentralisierung des Schulwesens in Verbandsschulen gingen die Kinder des ehemals Seukendorf er Schulsprengels ab 1968 nach Cadolzburg in die Schule, nur die 1. und 2. Klassen blieben zunächst in Seukendorf, kamen aber 1972 auch in das Cadolzburger Schulzentrum. Sie müssen aber nicht zu Fuß zum Schulort gehen, sondern sie werden in Schulbussen dorthin gefahren und wieder in ihre Orte zurückgebracht.

Eltern, Lehrer und Schüler in Seukendorf Wie überall wurde auch in Seukendorf der Personalaufwand für die Schule, das war die Lehrerbesoldung, von der Pfarrgemeinde getragen. Da die Eltern für die Bildung ihrer Kinder aber nicht viel übrig hatten, war der Seukendorfer Schuletat klein. Allgemeine Schulpflicht gab es nicht, und als die 1803 in Bayern eingeführte Schulpflicht 1806 auch für das angegliederte Franken gültig wurde, waren viele Eltern über soviel Bildung wenig erfreut, weil die Kinder nun der Arbeit entzogen wurden, für die die Eltern sie einspannten.

So konnte der Localschulsinspektor 1809 über den Bildungswillen in der Pfarrei Seukendorf an die Regierung berichten: ,,Die hiesigen Einwohner sind zufrieden, wenn ihre Kinder nur recht arbeiten können, und bei den Lehren, die man ihnen in Geographie, Naturgeschichte, Rechtschreibung und dgl. beibringt, sagen sie, ,,Das brauchen meine Kinder nicht zu lernen." Dabei hatten sich die Verhältnisse gegenüber früher schon gebessert, so daß es 1808 in der Besitzfassion unter den 30 Haus- und Grundbesitzern in Seukendorf nur noch 10 Prozent Analphabeten gab, die mit drei Kreuzen unterzeichneten, in Hiltmannsdorf 20 Prozent. Da vor der Einführung der Schulpflicht Bildung Privatsache war, hatten viele Eltern in der Pfarrei Seukendorf im 17. und 18. Jahrhundert am Schulgeld für ihre Kinder gespart, so daß in der Regel nur Handwerker und Wirte, wie wir aus den in den Kirchenrechnungen eingehefteten Quittungen ersehen, lesen, schreiben und rechnen konnten, was auch Voraussetzung für das Amt des Kirchenpflegers war.

Bei dieser Einstellung der Eltern zur Erziehung und Bildung ihrer Kinder verwundert es nicht, daß das  Sozialprestige der Schulmeister auch in Seukendorf gering war. Ihre Abhängigkeit vom Dienstherrn wurde ihnen bereits bei der Einstellung deutlich vor Augen geführt, wenn sie im 17. Jahrhundert wie ein Hirte nur auf ein Jahr gedingt wurden und dann bei ihren großenteils analphabetischen Gemeindevertretern immer am Jahresanfang, das war der 6. Januar als „oberster Tag," von neuem um den Dienst bitten mußten, was der Markgraf 1611 in einem Erlaß als schimpfliche Behandlung verbot. Da in einer Abschrift dieses Mandats in den Seukendorfer Kirchenrechnungen gerade diese Passagen unterstrichen sind, ist anzunehmen, daß diese Praxis auch hier herrschte. Dazu kam die schlechte Besoldung des Lehrers mit 4 Gulden jährlich, 1619 zum erstenmal vom Dekan in Langenzenn bewilligt, 1621 auf 6 Gulden erhöht, aber 1690 immer noch 6 Gulden, und erst 1695 zunächst auf 7 Gulden 30 Kreuzer, 1730 auf 8 Gulden 30 Kreuzer aufgebessert, aber dafür seit 1695 immer in verschlechterten Münzen ausbezahlt, die von Zeit zu Zeit abgewertet wurde, z.T. um 20 Prozent, so daß damit die Gehaltserhöhung wieder weg war.

Diese geringe Besoldung war ein Grundgehalt. Andere Einkünfte kamen dazu. Vor allem sollte es das Schulgeld sein, das die Eltern dem Lehrer bezahlen mußten, wöchentlich 2 Kreuzer 2 Pfennig für Schüler, die das Schreiben erlernten, 2 Kreuzer für das Erlernen des Lesens und 1 Kreuzer für das Erlernen des Buchstabierens. Am teuersten kam das Erlernen des Rechnens mit 4 Kreuzer wöchentlich, aber das Schulgeld fiel nur im Winter an, und selbst da nur, solange die Schüler den Unterricht besuchten, ,,denn im Sommer gehen sie nicht darein, wenngleich man Schule halten wollte," schrieb der Seukendorfer Schulmeister 1745. Auch wenn die Kirche Schulgeld für arme Kinder bezahlte, so brachte das doch dem Lehrer nicht viel. Kein Wunder, daß er sich nach weiteren Einkünften umsehen mußte, wenn er nicht verhungern wollte. So erhielt er 1712 jährlich 1 Gulden 25 Kreuzer für die nächtlichen Totenwachen im Trauerhaus, 30 Kreuzer, wenn er bei Trauungen sang, bei Kindstaufen 15 Kreuzer. Für das Läuten zur Beerdigung, das Ausschauf ein des Grabes und das Singen im Trauerzug bekam er 1 Gulden 15 Kreuzer bei einer Erwachsenenleiche, bei Kindern 45 Kreuzer, denn in Seukendorf war der Lehrer zugleich Totengräber und Mesner, der auch die Kirche putzen mußte. Letztere Tätigkeit für Lehrer wurde erst 1922 durch eine Regierungsverfügung abgeschafft 11, doch bereits ab 1913 hatte der Seukendorfer Lehrer Hahn aus eigener Tasche eine Putzfrau für die Kirche bezahlt, damit seine Frau diese Arbeit nicht mehr verrichten mußte, wie die Seukendorfer Lehrer dann auch im 19 .Jahrhundert die Gräber von einem Taglöhner ausheben ließen, der dafür und für das Einfüllen 20 Kreuzer aus der Tasche der Lehrer bekam. Das Entgelt für Mesnerdienste und das „Orgelschlagen," das sonntägliche Orgelspiel in der Kirche, war im Grundgehalt inbegriffen. Ausgenommen waren Hochzeiten, bei denen der Seukendorfer Lehrer 15 Kreuzer für das Orgelspiel und 15 Kreuzer für das grüne Gras erhielt, das  für die Braut in die Kirche gestreut wurde. Einkünfte aus dem Weihnachts- und Neujahrssingen und aus dem ,,Kerzendreier" bei Taufen kamen dazu, nicht zu vergessen das Recht des Lehrers, im Herbst in jedem Hof einen Korb Rüben und Kartoffeln persönlich abzuholen. Bei Leichen, Hochzeiten und Kindstaufen gab es für ihn 2 Maß Bier und Brot für 2 Kreuzer. Dann hatte er Anspruch auf 1 Sümer Korn und eine Läutgarbe aus jedem Haus, die ihm 14 Metzen brachte. Für den gemeindlichen Schriftverkehrs bekam er noch einmal einen halben Scheffel Korn, was aber auf der anderen Seite wieder dadurch entwertet wurde, daß er kein Holzbezugsrecht hatte und sein Holz kaufen mußte, was, wie alle Lehrer im 17. und 18. Jahrhundert beklagen, einen Teil ihrer  Bareinkünfte wieder aufzehrte.

So ist es erklärlich, daß auch in Seukendorf die Armut bei den Lehrern zu Hause war, vor allem im Alter und bei Dienstunfähigkeit, noch mehr aber bei ihren Witwen, denn eine Witwen- und Altersversorgung wurde erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ins Auge gefaßt. 1608 heißt es in den Kirchenrechnungen: ,,Zwei Viertelsgulden 11 Pfennig Mesner und Schulmeister Geörg Roten in seiner Schwachheit auf sein bittliches Anhalten zu seiner Labung verehrt," und zwei Jahre später, ,,Vier Gulden 2 Viertelsgulden an Jörg Rotens verstorbenen Mesners Wittib zum Teil für ihres Mannes noch ausständige Besoldung, zum Teil so ihm in seiner langwährenden Schwachheit auf sein bittliches Anlangen vom Gotteshaus durch christliches Mitleiden zu seiner Labung gesteuert. Und dann die Leich und Begräbnis, weil kein Vermögen bei ihm gewesen, um Gottes willen ausgerichtet." Das hieß nichts anderes, als daß der Schulmeister so arm war, daß seine Frau nicht einmal das Geld für sein Begräbnis hatte aufbringen können. Doch auch später wurde man als Lehrer in Seukendorf nicht reich, denn solange die Lehrer nicht vom Staat besoldet wurden, zwar karg, aber immerhin gesichert, lebten sie gewissermaßen von der Gnade der Dorfbewohner, selbst da, wo es um vertragliche Leistungen ging, z.B. bei der Läutgarbe. Schließlich war ja nicht vorgeschrieben, wie dick diese Garbe sein mußte, so daß man auch in Seukendorf lieber eine zu kleine als eine zu große gab. Und wo es gar um eine neue freiwillige Leistung ging, stellten sich die Gemeindeväter, durch trübe Erfahrungen mit ihrer Obrigkeit gewitzigt, taub, denn wie leicht konnte die durch das Gewohnheitsrecht zu einer Dauerleistung werden. So verweigerten sie 1730 dem Lehrer eine Kohlenpfanne, das war ein Glutpfanne für Holzkohlen, obwohl er im Winter bei starkem Frost so steife Finger hatte, daß er die Orgel nicht spielen konnte und obwohl das Konsistorium in Ansbach die Anschaffung befohlen hatte, aber vorschlug, wie der Lehrer schreibt, ,,daß ich es bei den Bauern auf einen guten Willen ankommen lassen solle, welches mir aber nicht geraten." So fragt er lieber in Ansbach an, ob er bei großer Kälte „die Orgel ungeschlagen stehen lassen dörft."

Bei diesen Verhältnissen ist es verständlich, daß sich Schulmeister nicht um einen Posten in Seukendorf rissen. Das war schon kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg so, als es nur wenige Kinder gab und die Einnahmen des Lehrers aus dem Schulgeld gering waren.

Die Lehrer wechselten rasch, einer war nur vier Wochen in Seukendorf, und 1661 wurde der Schulmeister Georg Spindler im 5. Monat seines Dienstes wegen einer nicht näher bezeichneten Verfehlung entlassen. Von 1665 bis 1676 übernahm der Pfarrer den Schulunterricht selbst, ,,6 Gulden dem Herrn Pfarrer, der die Schullabores übernommen, die sonst einem Schulmeister pro labore gehörig ausgeworfen." Doch von der Disziplin her muß das auch nicht das Wahre gewesen sein, denn 1670 ermahnte der Dekan in Langenzenn die Kirchenverwalter, keine Schulbuben auf die Kanzel zu lassen, was allem Anschein nach aus Unfug vorgekommen war. Kaum hatte der neue Schulmeister Heinrich Mahl 1676 sein Amt in Seukendorf angetreten, wurde er schon 1678 im Lande herumgeschickt, um Geld für den Bau eines neuen Schulhauses in Seukendorf zusammenzubetteln, wobei er bis Jobstgreuth, Windsbach und Dürrenmungenau kam und am Ende 51 Gulden mit nach Hause brachte, die aber dann für alles andere, bloß nicht für einen Neubau verwendet wurden. Es ist anzunehmen, daß in dieser Zeit der Schulunterricht in Seukendorf ausgefallen war.

Noch im 19. Jahrhundert hatte der Seukendorfer Lehrer, wenn er nicht im Ort geboren war, nach dem Gesetz über  die Heimat vom 11. September 1825 in Seukendorf kein Heimatrecht, was zu der kuriosen Situation führte, daß er ab 1871 aufgrund eines fortschrittlichen Wahlgesetzes an der Reichstagswahl teilnehmen konnte, nicht aber an den Landtagswahlen in Bayern und schon gar nicht an der Kommunalwahl in Seukendorf. Nicht ohne Grund hatten die Räte des Distrikts Cadolzburg, darunter auch Vertreter aus Seukendorf, 1858 anläßlich einer Satzungsänderung der Distriktssparkasse 12 befunden, die Lehrer unter den Personenkreis aufzunehmen, der aufgrund seiner Armut allein befugt war, bei der Sparkasse Einlagen zu machen, denn diese war zu jener Zeit ein Institut für die Hilfe zur Selbsthilfe sozial schwacher Bevölkerungsschichten.

Damit stand der Lehrer auch in Seukendorf trotz seiner Seminarausbildung sozial auf der Stufe von Handwerksgesellen, Lehrlingen, Fabrikarbeitern, Taglöhnern und geringen Gewerbetreibenden, deren Kinder als Arme ab 1856 in den Genuß der von der Blödelschen Schulstiftung verteilten Bücher kamen, wie es die Seukendorf er Müllerstachter Dorothea Blöde! zugunsten ihres Heimatortes testamentarisch verfügt hatte 13. Und wie stand es mit dem Unterricht in Seukendorf? Bis in dieses Jahrhundert hinein fand Unterricht an jedem Wochentag einschließlich des Samstags von 8 bis 11 Uhr vormittags statt, am Nachmittag mit Ausnahme des Mittwochs und des Samstags von 13 bis 16 Uhr.

Neben Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen nahm die religiöse Erziehung breiten Raum im Unterricht ein. Kreativität und selbständiges Denken waren nicht gefragt, sondern „die Erziehung zum gehorsamen Untertanen, guten Mann und Hausvater, der dem Staate nützlich wird," wie der Localschulinspektor 1809 schrieb. Daher waren Unterricht im Sprechchor und das Nachbeten von Lerninhalten üblich, wie sie der Cadolzburger Schullehrer I.M.Keinath 1838 in seinem „Handbüchlein der Realkenntnisse für die Jugend in den deutschen Schulen des Königreichs Bayern" zusammengestellt hatte. Wer nicht lernte oder gegen die Disziplin verstieß, wurde auch in Seukendorf mit „Schelln," Kopfnüssen, Ziehen an den Haaren oder Zöpfen bestraft und mußte sich mit dem Gesicht zur Wand in die Ecke stellen. Dann gab es noch das „Pfötschla", eine Bestrafung, bei der man mit einem Stock auf die nach oben gekehrte Fläche der ausgestreckten Hand geschlagen wurde, und die „Hosenspanner."

Dabei zog man den über die erste Bank gelegten Buben die Hosen stramm und versetzte ihnen mit einem Rohrstock, ,, Weiherremla" genannt, drei oder sechs Hiebe auf das Gesäß. ,,Weiherremla" ist eine mundartliche Verballhornung des Wortes Weinrebe, das so auf den bei uns vorhandenen Weinbau, aber auch auf ein früheres Züchtigungsmittel hinweist. In vorhergehenden Jahrhunderten tat es in Seukendorf aber auch ein Bund Birkenruten. 1693 hatte der Seukendorfer Schulmeister Andreas Odontius sogar ein eigenes Siegel mit diesem Zeichen seines Berufsstandes.

Quelle: Helmut Mahr, „Seukendorf - Eine fränkische Gemeinde zwischen Stadt und Land“

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